Geschichte der Radium-Stiftung Zürich [abgeschlossen]
Forschungsprojekt
Das wunderbare Radium, jener ewig strahlende, selbstleuchtende Stoff, der noch unzählige Geheimnisse der Naturkräfte beherrbergt und dem Forscher täglich neue rätselhafte Erscheinungen bietet, ist wohl der teuerste Stoff der Erde; gegen ihn ist Gold die reine Bagatelle.
Die Kostbarkeit des Radiums, NZZ, 20.10.1903.
Seit seiner Entdeckung durch Marie Curie 1898 hatte sich Radium zu einem der faszinierendsten Stoffe des frühen 20. Jahrhunderts entwickelt. Einen wichten Beitrag dazu hatten die zahlreichen Berichte in Zeitungen geleistet. Radium war geradezu sinnbildlich für diese moderne, industrialisierte Zeit. Es reihte sich in ein breites Feld an verschiednenen Techniken ein, die den strapazierten Körper in einer leistungsorientierten und von verschiedenen Krisen geprägten Gesellschaft Linderung verschaffen sollten.
Das Forschungsprojekt im Auftrag der Radium-Stiftung Zürich sollte deren Geschichte mit der Hilfe des Nachlasses aufarbeiten. Die Stiftung wurde von einflussreichen Ärzten, Politikern und Unternehmern Mitte der 1920er Jahren geründet, um die Spitäler mit dem teuren Radium versorgen zu können, das in der Krebstherapie eingesezt wurde. Je tiefer ich mich in das Thema einarbeitete, desto mehr zeigte sich, dass hinter dieser Stiftung viel mehr steckte, als Männer mit philanthropischen Absichten. Die Stiftung agierte in einem kompexen Netzwerk aus wirtschaftlichen, akademischen und persönlichen Interessen.
Die Radium-Stiftung kann nur im Kontext der Radiummarktwirtschaft verstande werden, die sich seit den 1910er Jahren vor dem Hintergrund des wertvollen Stoffes etabliert hatte. Ihr Zentrum lag immer dort, wo gerade die reichsten Radiumvorkommen gefunden worden waren. Die staatliche Produktion im St. Joachimsthal - von wo auch die Curies ihre ersten Proben bezogen hatten - wurde in den 1910er Jahren durch kommerzielle Hersteller in den USA verdrängt. Diese wiederum mussten ab Mitte der 1920er Jahren einem belgischen Produzenten weichen. Dieser grosse belgische Mischkonzern - bestehend aus privaten und staatlichen Investoren - war für den Abbau und die Verabreitung der Radiumbestände im Belgisch-Kongo zuständig. Gleichzeitig wurde das gewonnene Radium durch geschickte Marketingkampagnen an die Ärzte und Spitäler vertrieben.
Radiumabbau im Belgisch-Kongo, um 1920
Und hier überschneiden sich nun die Wege der Radium-Stiftung mit dem belgischem Radium: Einem Mineral, das in der belgischen Kolonie von afrikanischen Arbeitern teils unter prekären Bedingungen abgebaut wurde und in der Schweiz dann zur Linderung von Krebserkrankungen eingesetzt wurde.
Die Entstehung der Radium-Stiftungen in der Schweiz und das Aufkommen einer internationalen Radiumwirtschaft wurden im Forschungsprojekt in einem gemeinsamen Kontext analysiert und die Verbindungen und Abhängigkeiten aufgezeigt.
Die Publikation ist im Oktober 2017 erschienen. Das Buch über die Geschichte der Strahlenmedizin in der Schweiz enstand in Zusammenarbeit mit Sibylle Marti und Niklaus Ingold.
